Einsamkeit ist kein Problem allein der älteren Generation: Laut einer aktuellen Studie fühlt sich jeder Dritte im Alter zwischen 18 und 53 Jahren zumindest teilweise einsam. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, ist Einsamkeit in Deutschland seit der Corona-Pandemie bei jüngeren Erwachsenen unter 30 Jahren weit verbreitet. Die Untersuchung basiert auf mehreren sozialwissenschaftlichen Datensätzen zur Zeitspanne von 2005 bis zum Winter 2022/2023. Spätestens seit der Pandemie sei deutlich, dass Einsamkeit ein relevantes gesellschaftliches Thema ist, sagte die BiB-Soziologin Sabine Diabaté und verwies auch auf die Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit. Die Wissenschaftlerin warnte, Einsamkeit könne nicht nur krank machen. Das Problem berge gesellschaftliche Risiken. Einsame Menschen seien empfänglicher für eine religiöse oder politische Radikalisierung. «Damit kann eine zunehmende Einsamkeit in der Bevölkerung auch ein Risiko für die Demokratie bedeuten, weil sie den inneren, sozialen Zusammenhalt gefährden kann», erklärte auch BiB-Forschungsdirektor Martin Bujard. Der aktuellen Studie zufolge hat das Gefühl der Einsamkeit vor allem in den zurückliegenden fünf Jahren in Deutschland signifikant zugenommen: Während von 2005 bis 2017 der Anteil der Einsamen im jungen und mittleren Erwachsenenalter recht stabil zwischen 14 und 17 Prozent lag, stieg er mit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 sprunghaft auf knapp 41 Prozent an. Und ein Jahr später lag er dann sogar fast bei 47 Prozent. Analysen aus dem Winter 2022/2023 zufolge sank das Gefühl der Einsamkeit zwar wieder auf 36 Prozent - es liegt damit aber noch deutlich über dem Niveau vor der Pandemie. Die Forscher hatten die Menschen unter anderem gefragt, wie oft sie sich allein fühlten. «Spätestens seit der Corona-Pandemie ist sichtbar geworden, dass auch viele jüngere Menschen unter Einsamkeit leiden, selbst wenn sie nicht allein leben», erläuterte Diabaté. Obwohl die Kontaktbeschränkungen der Vergangenheit angehören, seien bis Anfang 2023 nur wenig soziale Nachholeffekte zu sehen: «In der postpandemischen Phase besteht die Einsamkeit auf hohem Niveau fort – es zeigt sich eine Tendenz zur Chronifizierung», warnte sie. Besonders von Einsamkeit betroffen sind der Analyse zufolge Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status, ohne deutsche Staatsangehörigkeit sowie Alleinerziehende. Nach Aussagen der Forscher sind die Folgen einer chronischen Einsamkeit in vielerlei Hinsicht problematisch. Einsame hätten häufiger Schlafprobleme, ein höheres Risiko für koronare Herzerkrankungen oder Schlaganfälle und eine reduzierte Immunabwehr. Sie seien auch anfälliger für Suchterkrankungen. Um Betroffenen zu helfen, sollte die gesellschaftliche Teilhabe mehr gefördert werden, schlugen die Forscher vor. «Es braucht mehr Bewusstsein für die hohe Verbreitung und den Leidensdruck von Einsamkeit, im Alltag mehr Achtsamkeit gegenüber den Mitmenschen», sagte Bujard. Beispielsweise könnten über Hausarztpraxen Besuchsdienste oder Nachbarschaftsprojekte vermittelt werden, um etwa chronisch Kranke sozial besser einzubinden.Experten warnen vor chronischer Einsamkeit
Soziologe fordert mehr Achtsamkeit gegenüber den Mitmenschen
Bildnachweis: © Marcus Brandt/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Jüngere Menschen zunehmend einsam
In der Coronazeit sind viele Menschen in Deutschland vereinsamt - darunter auch Jüngere. Auch nach dem Ende der Pandemie besteht das Problem weiter. Forscher warnen vor gesellschaftlichen Folgen.
Meistgelesene Artikel
- 30. September 2024
„Wohin nach der Grundschule?“
Veranstaltung für die Eltern der Kinder in den 4. Klassen.
- 12. September 2024
Weltraum-Kurzausflug bei «Polaris Dawn» erfolgreich
Die private Weltraum-Mission «Polaris Dawn» übersteht die heikelste Phase. Privat-Astronauten testen bei Miniausflügen ins All einen erstmals genutzten Raumanzug.
- 9. September 2024
Obstbaumaktion für Gütersloher Bürgerinnen und Bürger
Städtischer Fachbereich Umweltschutz verteilt 50 Obstbäume zum Sonderpreis.
Neueste Artikel
- 6. Oktober 2024
Spiegelbilder dieser Zeit - Die Nobelpreise werden vergeben
Ab Montag werden die diesjährigen Nobelpreisträgerinnen und -preisträger gekürt. In Zeiten mit Wissenschaftsleugnern und Konflikten seien die Preise eine «Kraft für das Gute», betont man in Stockholm.
- 6. Oktober 2024
Großherzog Henri ernennt seinen Sohn zum Stellvertreter
Der amtierende Monarch von Luxemburg bereitet seine Amtsübergabe vor. Nach 24 Jahren auf dem Thron wird sein Sohn sein Stellvertreter. Ein Datum für die Abdankung des Staatschefs gibt es noch nicht.
Weitere Artikel derselben Kategorie
- 6. Oktober 2024
Spiegelbilder dieser Zeit - Die Nobelpreise werden vergeben
Ab Montag werden die diesjährigen Nobelpreisträgerinnen und -preisträger gekürt. In Zeiten mit Wissenschaftsleugnern und Konflikten seien die Preise eine «Kraft für das Gute», betont man in Stockholm.
- 6. Oktober 2024
Großherzog Henri ernennt seinen Sohn zum Stellvertreter
Der amtierende Monarch von Luxemburg bereitet seine Amtsübergabe vor. Nach 24 Jahren auf dem Thron wird sein Sohn sein Stellvertreter. Ein Datum für die Abdankung des Staatschefs gibt es noch nicht.