13. August 2024 / Hilfe und Beratung

Einfach Aufmerksamkeit schenken

Besuche gegen die Einsamkeit, so einfach und gleichzeitig so wertvoll – das ist der ehrenamtliche Besuchsdienst für ältere Menschen.

von → Auszug aus der gt!nfo (Ausgabe August 2024)

Die Zahl der sich einsam fühlenden Menschen hat über die vergangenen Jahre in Deutschland deutlich zugenommen. Das betrifft oft ältere Menschen, die kaum noch bzw. wenige soziale Kontakte haben oder die das Haus nicht mehr verlassen wollen oder können.

Der Besuchsdienst ist ein Gemeinschaftsprojekt der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände in Kooperation mit den Ortsvereinen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Gütersloh, den örtlichen Caritas-Konferenzen, des Deutschen Roten Kreuzes in Gütersloh, der Evangelischen Kirchengemeinde und der Stadt Gütersloh. 

Friederike Kahl ist eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die den Besuchsdienst unterstützten. Sie arbeitete lange in der Krankenpflege und war Lehrerin für Pflegeberufe. Nachdem sie in Rente gegangen war, nahm sie sich erstmal eine kurze Auszeit. 

Die Chemie muss passen
»Dann kam Corona und vieles brach weg«, erzählt Friederike Kahl. In dieser Zeit erfuhr sie aus der Zeitung, dass ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Senioren-Besuchsdienst gesucht werden. Sie schrieb eine Mail an die Ehrenamtskoordination der Stadt Gütersloh, die sie an Doris Weißer bei der AWO Gütersloh weiterverwies. Sie ist gemeinsam mit ihren Kolleginnen der AG der Freien Wohlfahrtsverbände im Kreis Gütersloh für den Besuchsdienst zuständig und sorgt dafür, dass die passenden Menschen einander begegnen können. 

Für Friederike Kahl stand fest, dass sie keine Besuche in einem Raucherhaushalt machen wollte, auch ein Haus mit Hund kam für sie nicht in Frage. Das alles war für Doris Weißer kein Problem und es kam zu einem ersten (Probe-) Treffen, mit einer Dame, die gerne besucht werden wollte. »Die Chemie passte«, so Friederike Kahl und so konnte sie relativ schnell und unkompliziert den Besuchsdienst starten. 

Gegenseitige Bereicherung
Seit etwa zwei Jahren finden die Besuche einmal wöchentlich an einem festen Termin statt. Die Verlässlichkeit ist sehr wichtig, denn der Besuchsdienst wird oft schon sehnlichst erwartet. »Wir unterhalten uns über allgemeine und alltägliche Themen, aber auch die vergangene Lebenszeit. Vor allen Dingen spielen wir. Ich habe zum Beispiel Rummikub bei ihr gelernt, dass ich mittlerweile richtig gut spiele und nicht immer nur verliere.« Man komme zwar aus unterschiedlichen Welten, aber bereichere sich gegenseitig. Durch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Besuchten mit der Welt verbunden. »Ich schicke auch immer eine Urlaubskarte und zeige gerne Fotos aus dem Urlaub«, erzählt Friederike Kahl. 

Sie helfe sehr gerne und merke auch, dass sie mit ihren Besuchen ein wenig von der Einsamkeit nimmt. Wichtig sei es, Grenzen zu setzen, meint Friederike Kahl, denn sonst verausgabe man sich und das sei nicht der Sinn des Ehrenamtes. 

Tatsächlich stehen Zuhören, Gespräch und Austausch – kurzum die Anteilnahme am Alltag - im Zentrum des Besuchsdienstes, nicht Pflege oder Aufsicht. Auch Fahr- oder Einkaufsdienste oder Medikamentengabe sind nicht Teil dieser ehrenamtlichen Aufgabe. Eine fachliche Begleitung nach Bedarf, regelmäßige Austauschtreffen und Fortbildungen bieten die Träger des Projekts ebenfalls an. Kreisweit gibt es zurzeit etwa 40 Ehrenamtliche, die über 50 Seniorinnen und Senioren besuchen.

Ehrenamtlich engagiert sich Frau Kahl zudem seit einigen Monaten auch als Kassenwartin beim SSV Gütersloh und als Wanderführerin beim Forum „Gemeinsam älter werden“ im „Haus der Begegnung". Sie habe zwar durch ihren Beruf gewusst, dass in Teilen der Bevölkerung Einsamkeit herrsche, auch bei Jugendlichen, aber durch ihr Ehrenamt sei ihr das verstärkt bewusst geworden, so Friederike Kahl. Und noch immer sei das Thema stark mit Scham behaftet. Das sei ein Teufelskreis: Man schäme sich, dass man allein ist, und dadurch verstärke sich das Gefühl der Einsamkeit und Isolation noch mehr. 

Freude und Sinnhaftigkeit
Ein Schritt aus der Einsamkeit heraus ist getan, wenn man bei der Ehrenamtskoordinatorin der Stadt Gütersloh, Elke Pauly-Teismann, anruft. Sie leitet diejenigen, die besucht werden möchten und die, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, an die Fachberaterinnen der AG der Freien Wohlfahrtsverbände weiter und diese kümmern sich dann um den weiteren Ablauf.  

»Der Senioren-Besuchsdienst ist mit ein bis zwei Stunden pro Woche ein zeitlich überschaubares, aber bedeutendes Ehrenamt. Die Ehrenamtlichen schenken jemandem Zeit und Aufmerksamkeit und bewegen damit oft Entscheidendes. Das gibt nicht zuletzt einem selbst das Gefühl von Freude und Sinnhaftigkeit«, sagt Elke Pauly-Teismann. »Und das Einzige, was man beim Senioren-Besuchsdienst benötigt, ist die Fähigkeit zuzuhören und Spaß an der Kommunikation mit seinen Mitmenschen.«

Ansprechpartner:

→ Ansprechpartnerin bei allen Fragen rund um das Ehrenamt 
Elke Pauly-Teismann (Ehrenamtskoordinatorin der Stadt Gütersloh)
Telefon 05241 823197
E-Mail: elke.pauly-teismann@guetersloh.de

→ Ansprechpartnerin für die Anliegen älterer Menschen: 
Heidi Ostmeier (Seniorenbeauftragte der Stadt Gütersloh)
Telefon 05241 822156
E-Mail: Heidi.ostmeier@guetersloh.de

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